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In den Häusern v. St. Germain
  • Paul Klee
  • In den Häusern v. St. Germain
  • 1914, 110
  • Aquarell auf Papier auf Karton
  • 15,5 x 15,9/16,3 cm
  • Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee
Werkbeschrieb
Literatur

Im April 1914 unternahm Paul Klee mit den beiden Künstlerfreunden August Macke und Louis Moilliet eine Reise nach Tunis. Nach einem dreitägigen Aufenthalt besuchten sie anschliessend Karthago, Hammamet und schliesslich Kairouan. »vor den Toren v. Kairuan«, 1914, 216 gehört zu einem seiner letzten auf der Tunis-Reise entstandenen Aquarelle, in denen sich die orientalische Farbigkeit, die nordafrikanische Landschaft und das völlig andere Licht niederschlagen. »Die ursprüngliche Fassung vor der Natur«, eine Bemerkung, die Klee nach seiner Ankunft dem Bildtitel hinzufügte, ist an jenem besonderen Tag (16. April) entstanden, an dem er in einem Schlüsselerlebnis bekannte, endlich Maler zu sein: »Ich lasse jetzt die Arbeit. Es dringt so tief und mild in mich hinein, ich fühle das und werde so sicher, ohne Fleiss. Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiss das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.«

Die Einteilung der Landschaft in Felder und die architektonischen Elemente der Stadt bilden das Gerüst des Bildes. Die weissen Stellen links und rechts sind eine Folge der Fixierung des Papiers mittels eines elastischen Bandes. Die willkürlich erscheinende, vertikale Unterteilung setzt Klee bewusst als kompositorisches Element ein. Die senkrechten Balken könnten Gebäudeteile im Vordergrund sein und verleihen so dem Bild eine räumliche Wirkung. Die Farben wirken leicht und transparent. Zwei Kamele, ein Esel und einige Kuppeln helfen dem Auge, die Farbflächen in Landschaft, Stadtansicht und Himmel zu unterteilen. Im Wesentlichen handelt es sich um die vier Farben Blau, Lila, Ocker und Braun, die als grössere und kleinere Flächen eingesetzt und zum grossen Teil noch gegenstandsbezogen verwendet werden.

In den unmittelbar nach der Reise entstandenen Arbeiten, wie zum Beispiel »(im Stil v Kairouan, ins gemässigte übertragen)«, 1914, 210 ist dies nicht mehr der Fall. Farbe ist Farbe, Form ist Form. Der Name der tunesischen Stadt wird sogar zum Stilbegriff. In solchen Arbeiten handelt es sich folglich nicht mehr um reine Naturstudien, sondern – durch reine Anwendung der bildnerischen Mittel – um abstrakte Studien.
Quelle: Zentrum Paul Klee, Bern, Kindermuseum Creaviva, »didaktische Module«, 2005