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Meine Bude
  • Feder, Pinsel und Bleistift auf Zeichenkarton
  • 12,1 x 19,2 cm
  • Zentrum Paul Klee, Bern
Werkbeschrieb
Literatur

Mit knapp siebzehn Jahren zeichnete der Gymnasiast Paul Klee in »Meine Bude«, 1896 sein Zimmer an der Marienstrasse 8 im Berner Kirchenfeldquartier. Vier Wochen vor dem Wegzug an den Kistlerweg am Obstberg (Schosshaldenquartier) hielt er den Grundriss seiner »Bude« auch in einem Schreibheft fest. Es scheint, dass er sich in seiner »Bude« sehr wohl fühlte und kurz vor dem Umzug jede Einzelheit des vertrauten Zimmers festhalten wollte. Wahrscheinlich spürte er, dass mit dem baldigen Abschied auch seine behütete Kindheit zu Ende ging.

Obwohl der Bewohner des Zimmers in der Zeichnung nicht sichtbar ist, ist er in den Gegenständen und den Bezeichnungen präsent. »Hic ego!, Hier bin ich!«, hielt Klee in der Mitte, nahe des eingezeichneten Bodenteppichs fest und inszenierte sich damit nicht ohne Selbstironie als ordentlicher intellektueller Jüngling. Ob Violinpult oder Papierkorb, Ofen oder Blumentopf, alles hat er minuziös auf dem Plan dokumentiert – eine Eigenschaft, die in seiner späteren Karriere als Künstler eine wichtige Rolle gespielt hat. Das Bett ist als »Nest« (Nid) gekennzeichnet. Interessante Gegenstände auf dem Schreibtisch sind auch eine Füllfeder und sein Arbeitsheft mit der Bemerkung »(Oh Ironie!)« in Klammern. Die Bezeichnung lässt vermuten, dass Klee die Arbeit nicht immer gerne verrichtet hat.

Vergleicht man den Grundriss mit der zuvor entstandenen Zeichnung »Meine Bude«, stellt man fest, dass der von Klee gewählte Bildausschnitt nicht alle Details berücksichtigen kann. Die Ansicht zeigt ziemlich genau den Blick von der Zimmertüre aus in den Raum hinein. Mit erstaunlicher Sicherheit meisterte der Schüler die Tücken der Perspektive und der Lichtführung. Der verschnörkelte Rahmen des Spiegels sowie die Beine des Waschtisches am rechten Bildrand zeigen eine bereits ziemlich ausgereifte Zeichentechnik. Die Bildmitte nimmt das Fenster mit Ausblick auf einen zierlichen Baum ein. Der Schreibtisch und die rechte Seitenwand sind dank der Petrollampe hell beleuchtet. Zwei Bücherbeigen und ein offenes Heft weisen auf den häufig lesenden, schreibenden und zeichnenden jungen Mann hin. Das ganze Mobiliar ist bescheiden, aber geschmackvoll und von bürgerlicher Behäbigkeit.
Quelle: Zentrum Paul Klee, Bern, Kindermuseum Creaviva, »didaktische Module«, 2005